Rhader Grundschüler erleben verschiedene Experimente – Offenes Haus für Eltern

Der Klang von Kirchenglocken, geschaffen durch eine am Wollfaden hängende Gabel, die an eine Tischkante schlägt: Zauberei? Nein, möglich gemacht durch eine simple Verbindung: Der Faden ist um zwei Finger gewickelt, und diese beim Schlagen der Gabel in die Ohren gesteckt ergibt einen erstaunlichen Effekt, der Sinne schärft.

Genau das ist ein Ziel der drei Projekttage zum Thema „Sinne“ in der Grundschule Rhade. Die Mädchen und Jungen absolvierten verschiedene Stationen zu den Themen Sehen, Hören, Fühlen, Schmecken und Riechen.

Ob sie in einem Raum mit echter Schafwolle hantierten, in einem anderen kleine Riechsäcke mit Thymian und Lavendel bastelten und einen Riechparcours absolvierten oder in der Sporthalle quasi „blind“ vom Sprungbrett sprangen – alle Übungen waren dafür geeignet, sich entweder speziell auf einen Sinn zu konzentrieren oder – wenn etwa das Sehen bewusst erschwert ist – die jeweils anderen Sinne verstärkt zu nutzen, um zurecht zu kommen.

Regelrecht fallen ließen sich Schüler auf dem Fußfühlparcours, den sie mit verbundenen Augen sowie einer „sehenden“ Begleitperson absolvierten. Dazu gehört Mut, wie die Absolventen spürten.

Mit Elan bei der Sache waren die Mädchen und Jungen auch beim Thema Hören, etwa beim „Flaschenkonzert“ oder Füllen von Luftballons mit Erbsen oder Büroklammern. Beim Thema „Sehen“ nutzten die Kinder Brillen mit unterschiedlichen Sehmöglichkeiten, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie es ist, wenn man sich als blinder Mensch auf seine anderen Sinne verlassen muss. Sich mit verbundenen Augen ein Brot zu schmieren – ein weiteres Beispiel. Am Donnerstag hatten auch Eltern die Möglichkeit, Einblick in das Projekt zu nehmen. Und zum Abschluss der Projekttage ging es in die „Welt der Sinne“ nach Bremervörde, inklusive einer Führung.


3 Fragen an . . .

Michaela Ulferts,

Schulleiterin

Was möchten Sie mit dem Sinne- Projekt erreichen?

Zum einen möchten wir die Unterschiedlichkeit zwischen Menschen ein Stück bewusster machen. Viele Kinder kommen heute mit Beeinträchtigungen in die Schule. Wir leben die inklusive Schule, haben eine Kooperationsklasse, in der wir Kinder haben, die blind sind, mitunter auch taub, die geistige Beeinträchtigungen haben. Jenen Kindern, die es als selbstverständlich empfinden, gut sehen, hören, fühlen zu können, mal zu zeigen, dass das auch ganz anders sein kann und wie man damit das Leben bestreiten kann, das ist ein Ziel. Das andere Ziel ist es, ein Stück nachhaltige Gesundheitsentwicklung zu betreiben. Es ist wichtig, dass wir unsere Sinne sehr bewusst wahrnehmen und sie schützen. Kinder hören heute sehr viel und sehr laut Musik. Das heißt, die Ohren kommen oft in Mitleidenschaft. Es ist noch nie so häufig vorgekommen, dass schon Jugendliche und junge Erwachsene Hörgeräte benötigen. Auch die Augen müssen geschützt werden, wir sollten sie nicht der Sonne aussetzen oder mit spitzen Gegenständen im Gesicht herumhantieren. Wir möchten das Bewusstsein schärfen, wie wichtig und wertvoll unsere Sinne sind.

Wo liegen die größten Herausforderungen für die Kinder in dem Projekt?

Sich darauf einzulassen. Blind einen Parcours zu laufen, aufeinander vertrauen zu können. Kindern bewusst zu machen wie es ist, mit Einschränkungen zu leben. Eine Projektwoche ist auch strukturell anders als ein Schultag. Wir haben ein ganz anderes Schulleben, sehr viel offener und freier. Da bei der Sache zu bleiben und Dinge auszuprobieren, ist definitiv eine Herausforderung.

Ist es in Zeiten von Reizüberflutung wichtig, einzelne Sinne zu schärfen?

Definitiv. Kinder werden heutzutage viel mit Medien konfrontiert. Gerade letzte Woche gab es eine Studie, dass viel zu viele Kinder schon unter zwei Jahren eine halbe Stunde oder länger am Handy oder Tablet sitzen, teilweise unglaublich viel Fernsehen gucken und dies alles nicht mehr filtern können im Kopf. Sie sind dermaßen überlastet mit tagtäglichen Eindrücken – sei es auf der visuellen, der akustischen und mitunter sogar der haptischen Ebene. Darauf hinzuweisen, wie man entspannen kann und dass es Gründe gibt, warum manches nicht im Übermaß stattfinden sollte, ist wichtig  – auch für Eltern. Wenn das Kind Einschlafprobleme hat, liegt es vielleicht auch daran, dass eine Sinnesüberflutung stattfindet und Kinder gar nicht mehr zur Ruhe kommen.